Beruf Kinderyogalehrerin: Interview mit Eva Nowaczek

Eva lebt in Nagold im Nordschwarzwald und arbeitet als Yogalehrerin und Erzieherin/Trainerin für sensomotorische Integration. Sie unterrichtet Yoga in ihrem eigenen Studio ist aber auch an Schulen und in Vereinen tätig. Darüber hinaus beitet sie Workshops für Pädagogen an, die Yogaelemente in den Schulalltag einbinden möchten. Weitere Informationen zu Eva und ihrer Arbeit findest du auf ihrer Internetseite.

Kinderyogalehrerin Eva Nowaczek

Liebe Eva, warum bist du Kinderyogalehrerin geworden?

Ich selbst bin zum Yoga gekommen, da ich nach der Arbeit in der Kita unheimlich gestresst und der Lärmpegel dort sehr hoch war. Damals gab es keinen Schallschutz (mittlerweile Pflicht) und die Belastung war dadurch sehr hoch. Ich spürt, dass mir diese Abwechslung von Bewegung und Entspannung gut tat. Meine persönlichen Veränderungen brachte mich zum Entschluss eine Ausbildung zu machen, da die Kinder auch jeden Tag dieser Form von Stress ausgesetzt waren.

Was fasziniert dich an Kinderyoga?

Das ich Kinder kaum motivieren muss mitzumachen. Sie sind allem gegenüber offen und probieren alles gern aus. Anfangs war ich mir nicht sicher Mantras einzubauen. Heute darf ich es unter keinen Umständen vergessen. Es gehört zum Yoga dazu und ist fester Bestandteil. Eltern haben mich oft diesbezüglich angesprochen, da einige Kinder daheim in Gedanken versunken die Mantras vor sich hin singen. Die Freude und Motivation, aber auch die Dankbarkeit der kleinen Yogis ist wirklich großartig. Ich genieße die Stunden sehr!

Kannst du dich noch an deine allererste Kinderyogastunde erinnern?

Oh ja! Das war im Kindergarten - da habe ich angefangen und das liegt jetzt ungefähr 13 Jahre zurück. Es war ein freiwilliges Projekt. Erstaunlicherweise haben sich nur Jungs gemeldet; ich war ehrlich gesagt sehr überrascht und leicht nervös. Denn diese Jungs galten in den Augen aller Pädagogen als wild und störend. Zu meiner Überraschung verlief die erste Stunde sehr gut und war von vielen Lachern geprägt.

Du bist aber nicht nur Kinderyogalehrerin, sondern auch Trainerin für sensomotorische Integration! Erzähl uns doch mal, worum es bei diesem speziellen Thema geht!

Als ich Einrichtungs-Leitung einer 4- gruppigen Kita war und Verantwortung für alles übernahm, wurde mir klar, dass es immer noch Bereiche gibt, für die wir nicht richtig ausgebildet waren. Mir fehlte damals das „richtige“ Handwerkszeug, wie ich Kinder tatsächlich da abholen konnte, wo sie entwicklungstechnisch standen. Zum Glück nahm mich eine Mutter auf einen Vortrag meiner späteren Ausbilderin mit. Mir fiel es wie Schuppen von den Augen! Erstmals konnte mir jemand erklären, wieso bei Kindern zunehmend Auffälligkeiten entstehen und wie man damit umgehen konnten und welche Ursachen es da gab. Ein neuer Ansatz für mich als Pädagogin und Person, die selbst davon betroffen war. Ich litt sehr lange an Lese- Rechtschreibschwäche und diversen anderen Lernblockaden.

So machte ich die Ausbildung damit ich neurologische Lernprozesse besser erkennen und verstehen konnte. Bei dieser Ausbildung werden zwei Ansätze verfolgt: Frühkindliche Reflexe, deren Heranreifung und Hemmung und die evolutionäre Hirnreifung. Vereinfacht gesagt schauen wir uns bei dieser Methode die Entwicklung und Nutzung des Gehirns an. Welche Fertig- und Fähigkeiten haben sich gut entwickelt und welche benötigen noch Unterstützung. Welche Reflexe müssen nachträglich gehemmt werden und welche Übungen machen das auf natürliche Weise. Stressfreies Lernen durch Bewegung - und da passt Kinderyoga super rein!

Entwicklungsabweichungen und Verhaltensauffälligkeiten – Kind zu sein ist heutzutage ohne Zweifel eine große Herausforderung. Was sind deine Gedanken dazu?

Ich empfinde diese Situation als Hausgemacht. Die ganzen unnötigen Reize, hohe Anforderungen und die tägliche Hektik sind Wurzel allen Übels. Kinder brauchen keine Spielkonsolen, volle Kinderzimmer oder einen durchgetakteten Wochenplan. Sie brauchen Raum und Zeit, um sich frei entfalten zu können. Aber auch Zuwendung, Aufmerksamkeit, Akzeptanz und Verständnis ihrer Bezugspersonen und ausreichend Bewegungsanlässe. Das Gehirn kann sich in einer vollgestopften Umgebung nicht natürlich entwickeln und wird so blockiert.

Wie verbindest du die in deiner Arbeit die beiden Themen Kinderyoga und sensomotorische Integration?

Übungen aus der sensomotorischen Integration bilden bei mir die Grundlage der Aufwärmung. Ich versuche vereinfacht den Kindern zu erklären, dass der Körper nur gut funktionieren kann, wenn wir das Gehirn auch mit einbeziehen. Kindern, die bei mir seit über 3 Jahren Yoga üben, haben schnell die Wirkung gespürt und üben das völlig selbstständig. Sie hinterfragen das nicht, sondern merken das ihnen alles leichter von der Hand geht und sie auch schneller lernen. Viele trauen sich mehr zu und machen tolle Fortschritte.

Wie wichtig sind Entspannungsübungen für verhaltensauffällige Kinder?

Das ist ein schwieriges Thema! Denn auf Grundlage der Hirnreifung und Restreaktionen frühkindlicher Reflexe sind viele Kinder überhaupt nicht in der Lage sich ruhig hinzulegen und empfinden das als sehr stressbehaftet. Sie sind ständig in der Bewegung und langweilen sich schnell. Da kommen viele Kinderyogalehrerinnen an ihre Grenzen. Ich habe es auch erlebt, dass in einer Grundschule Meditation als Strafe eingesetzt wird, was völlig daneben ist. Die Kinder müssen das Entspannen wieder lernen, da viele Restreaktion der frühkindlichen Reflexe dominieren und die Kinder blockiert sind. Die Kinder müssen die überschüssige Energie erst los werden, sich körperlich betätigen und dann kommt das Bedürfnis nach Entspannung von ganz allein. In meinen Workshops sage ich immer 80% Bewegung und 20% Entspannung.

Bei Jugendlichen ist es genau umgekehrt. Kaum bin ich in der Tür kommt schon die Frage nach Yin Yoga und Yoga Nidra. Da arbeite ich eher mit mehr Entspannung und Ruhe. Mittlerweile melden sich immer mehr Schüler (5. bis 7.Klasse) für Yoga an, da auch hier die Wirkung nachhaltig wahrgenommen wird, was ich als sehr schön empfinde.

Was ist die wichtigste Lektion, die du bisher auf deinem Weg als Kinderyogalehrerin gelernt hast?

Ich wurde in den ersten Jahren noch sehr belächelt, was die Arbeit doch sehr erschwert hat. Durch die Ausbildung in der Sensomotorik bin ich noch überzeugter geworden mehr zu machen, was sich jetzt sehr auszahlt. Ich habe mit 6 Kindern begonnen und unterrichte derzeit zwischen 45-60 Kindern pro Woche. Es hat sich gelohnt daran zu bleiben und durchzuhalten.

Was ist deine Vision als Kinderyogalehrerin?

Das Yoga mal zum Schulfach wird und die Wichtigkeit bekommt, die es verdient hat. Kinder haben einen natürlichen Wissendurst und einen unbegrenzten Drang nach Bewegung. Wenn wir das besser nutzen und Anlässe bieten, bräuchten wir keine Therapien oder andere Hilfsprogramme. Bewegung, Atmung und Entspannung sind Grundbedürfnisse und Grundsätze im Yoga. Es wäre einiges leichter für uns und für die Kinder, und Schule würde wieder mehr Spaß machen. Davon bin ich überzeugt!

Vielen Dank, liebe Eva für dieses interessante Interview und viel Erfolg mit deinem Kinderyoga-Business!

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**Bilderquelle: © Eva Nowaczek, Carola Michaela Photo